Mein Kumpel Herostrat
"Falscher Bekenner" von Christoph Hochhäusler

Es gibt die einen, die sind die Helden, die bekommen den Job und die Frau, und es gibt die anderen, die sind deren Gegenteil, weil die Welt einfach nicht auf diese Weise funktioniert, dass sie einen Funken Chance darin hätten, auch wenn sie sich noch so bemühen um das Gute. Das sind die sympathischen Helden Herostrat.
In Christoph Hochhäuslers neuem Film "Falscher Bekenner" gibt es Armin. Der hat Glück in Form zweier großer Brüder und muss deswegen nicht zum Bund, hat die Zeit, sich jetzt schon einen Job zu beschaffen und den Gleichaltrigen gegenüber in den Vorteil zu kommen. Aber es klappt nicht, er stellt sich zu ungeschickt an, ist zu unreif für dieses Leben, bräuchte noch ein bisschen, um auszubacken. Doch hier draußen gibt keine Gnade, kein Warten, bis der Letzte so weit ist. Armin muss sich in sich und seine Träume zurückziehen, um zu existieren. Auf einem nächtlichen Nachhauseweg über die Autobahn spaziert er an einem tödlichen Unfall vorbei und sieht seine Chance gekommen. Anonym bekennt er seine Schuld. Er habe den Wagen manipuliert.
Am Familientisch mit den erfolgreichen Brüdern und deren teilweise schwangeren Frauen wird darüber diskutiert, dass der Terror nun komme, dass man nicht mehr sicher sei in diesem Vorstadtdeutschland; man tut gerade so, als ob sich irgendjemand für einen interessiere, als ob man eine weltpolitische Bedeutung hätte, derentwegen man als Zielscheibe für einen Fundmentalisten tauge. Nur weil das bisschen Glück, an dem man seit der Jugend gebastelt hat, erfolgreich ist, wähnt man sich als Zentrum des Universums und verschätzt sich damit völlig, beweist die eigene Kümmerlichkeit dem gegenüber, dem man eigentlich zeigen wollte, wie das geht, das Leben.
"Falscher Bekenner" ist unaufgeregt, erzählt in aller Ruhe, was er sagen will, und ist dann plötzlich zu Ende. Manchmal ist nicht klar, ob das auf der Leinwand Leinwandrealität ist oder nur die Phantasie eines Heranwachsenden, mit dem einen der Film verbrüdert. Selten so einen sympathischen Kumpel im Kino gefunden.

Willibald Spatz
30. Juni 2005

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