Magische Seifenoper – Harry Potter und der Orden des Phönix

Vielleicht noch zehn Jahre und 2000 Seiten, dann ist’s vorbei mit Harry Potter, dann ist er raus aus Hogwarts und ein echter Zauberer. Fast ein bisschen wenig, um jetzt noch eine Kindheit oder gar eine Jugend anzufangen. Den Schmerz fühlt Frau Rowling nicht weniger als ihre Fans. Die dürfen sich in aller Ruhe noch mal umschauen in Harrys Welt im fünften Band „Der Orden des Phönix“. Eine Welt, die allen mittlerweile so vertraut ist wie die von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Nur der blöde Harry wundert sich, dass im Grimmauld Place in London zwischen Nummer elf und 13 eine zwölf auftaucht, nur für ihn und seine Freunde sichtbar, weil er in vier Wochen Sommerferien bei den Dursleys mehr vergisst als die Leser in vier Jahren Wartezeit.
Ja, verdächtig lang muss er es diesmal bei den Verwandten aushalten, nicht ohne Grund, denn die Großen bereiten beim Paten Sirius Black diesen Geheimbund des Phönix vor; geheim, weil auch von den Zauberern auf der richtigen Seite einige nicht glauben, dass der böse Voldemort, dessen Namen man immer noch nicht aussprechen darf, zurück ist. Der junge Potter darf das nicht wissen oder nicht so genau, sonst macht er wieder was verkehrt oder überschätzt sich als junger Erwachsener, aber alle werden sich noch wundern, was in ihm steckt und wie weit er den Karren trotzdem noch in den Dreck fahren kann.
Dann endlich Schule. Harry fliegt aus dem Quidditch - Team, Ron und nicht er wird Tutor des Hauses Gryffindor, Hagrid kommt lange nicht und dann verliert er wie der Direktor Albus Dumbledore seinen Job. Diese und andere Hiobsereignisse sind die Grundlage für ein spektakulär langweiliges Hin und Her. Ist das denn noch das Papier wert, auf dem es gedruckt ist? Einzig die neue Verteidigung-gegen-die-bösen-Künste-Lehrerin Dolores Umbridge ist wunderbar schön zu hassen. Apropos Gegenspieler, superfies natürlich wieder die Malfoys und in der anderen Welt die Dursleys bis auf die Tante, die sich, an einen Schwur gebunden, nun schützend vor Harry stellt. Das ist wohl ein Versuch – erwachsen werden – manchen Figuren mehr Tiefe zu geben, bewahrt sie aber nur davor – immerhin - bodenlos langweilig zu werden. Weil das noch nicht genügt, verliebt er sich, der tadellose Herr, und schämt sich seiner schlechten Gedanken, ekelhaft wenig Boshaftigkeit für dieses Alter. Aber wer weiß, vielleicht werden dadurch ein paar Hundertmillionen Pubertierende vor ihrer Zeit edle Menschen? Dann hätte es wenigstens einen Wert.
Die Dummheit der Titelperson sitzt an der Quelle jener Ereignisse, die im Tod von Sirius Black münden. Der Mann ist Harrys Pate, wurde im dritten Band eingeführt, zunächst als Böser, taucht im vierten kaum auf und soll nach dem Willen der Autorin jetzt nicht weniger beheult werden als seinerzeit Winnetou. Von wegen. Dennoch läuft  es von da ab am Schnürchen, wird richtig gut, spannend sozusagen und ein Armer der, der am Ende der durchlesenen Nacht aufstehen muss. Wieso nicht gleich so bzw. brauche ich dazu 500 Seiten Einleitung?
Also doch Trauer, dass es in zehn Jahren zum letzten Mal zum ersten Mal nach Hogwarts geht und vielleicht erlebt der Absolvent danach auch noch was, wird selbst Direktor zum Beispiel, eine Perspektive, die nicht nur Frau Rowling aufatmen lassen würde.
 

Willibald Spatz

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