Traumhochzeit

Liebe wird gemacht. Wir packen’s. Wir heiraten. Alle heiraten. Wer bis drei nicht auf dem Baum ist, wird es nie schaffen. Der Wonnemonat lässt keinen im fähigen Alter aus. Das Ja-Wort wird geschmissen wie eine Lokalrunde. Ehen werden am Fließband hergestellt, Las Vegas ist ein Dreck dagegen.
Die Dänen sind auch dabei. Aber wie albern, wie dilettantisch. Aus dem Land, aus dem kaum mehr bekannt als das, was der Dichterfürst Shakespeare in einem seiner bekanntesten Stücke mitteilt, und das ist so olala, auf jeden Fall so, dass man sagt, wenn man noch mal die Wahl hätte, von vorne anfangen dürfte, die Karten neu gemischt würden, man würde lieber nicht Kronprinz von Dänemark sein. Aus jenem Land, das viele nicht für real, sondern für ein Phantasieprodukt halten wie Mittelerde oder Liliput, oder ein deutsches Bundesland, von dem wenige behaupten können, Bekannte zu haben, die schon mal dort waren, aus diesem Land wird gemeldet, immerhin eine von Europas – hihi – großen Monarchien, dort habe sich Kronprinz Frederik mit einer Australierin, Mary, vermählt. Gut, könnte man fragen, woher er die kennt, oder ob die überhaupt einen Flughafen haben in diesem kleinen Land, ob sich das lohnt, und dann zum Alltagsgeschäft übergehen, aber anscheinend hat es da richtig gerauscht, ein Traum von einer Hochzeit sei das gewesen, Disney einer kalter Kindergeburtstag dagegen. Tausende von Adelsexperten aus Europa sind angereist und haben stundenlang die Kopenhagener Domkirche belagert. Weltweit haben mehr als 35 Millionen Menschen am Fernseher das Geschehen verfolgt. Aus Spanien und Schweden wurden die noch unverheirateten Thronfolger Felipe und Victoria angekarrt. Bloß mal schauen, wie die das machen, was es zu überbieten gilt, wenn nächste Woche Felipe vor den Altar tritt. Nach der Trauung ging es in der Kutsche durch die selbstverständlich verregnete Hauptstadt zum Hochzeitsmahl. Hier schlossen sich die Tore für die Öffentlichkeit, die konnte umschalten oder rausgehen und das schöne Wetter daheim genießen.
Aber man kann sich ja ungefähr vorstellen, wie das Fest verlief: Die ehemalige Steptanzgruppe der Braut legt eine bescheuerte Einlage aufs Parkett. Der König langweilt die Gesellschaft, indem er den Eheleuten stundenlang Geschenke mit Gedichten wie „Kaum zu glauben aber wahr, das Jubelpaar“ überreicht: eine Packung Viagra, eine Salami usw. Der extra aus Belgien eingeflogene Alleinunterhalter Jeff Silverstone ist um neun so betrunken, dass unter den Gästen gefragt werden muss, wer einen Walzer auf dem Klavier spielen könne. Der Brautvater erklärt Frederik beim Schnaps die Geheimnisse der Frauen und verschwindet danach für zwei Stunden  auf dem Klo. Kein Wunder, dass da bald keine Glut mehr unter der Asche ist. Oh nein, es war zu keiner Zeit ein Spaß, dänischer Kronprinz zu sein.

Willibald Spatz
15. Mai 2004

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